Redebeitrag: 1 Jahr Hanau

1 Jahr Hanau: Erinnern heißt verändern!

Redebeitrag auf Kundgebung Vom Erinnern zu Konsequenzen

Ein Jahr vergangen. Wieder stehen wir hier, um zu gedenken. Wir gedenken den Opfern des rassistischen Anschlags vor einem Jahr in Hanau, bei dem neun Menschen auf grausamste Weise ermordet wurden:

Ferhat Unvar
Gökhan Gültekin
Hamza Kurtović
Said Nesar Hashemi
Mercedes Kierpacz
Sedat Gürbüz
Kaloyan Velkov
Vili Viorel Păun
Fatih Saraçoğlu

 

In der Zwischenzeit ist viel passiert: die “Corona-Krise” bestimmt den Alltag in Deutschland und bringt immer wieder die Forderung nach Solidarität auf. Gleichzeitig rückt der rassistische Anschlag in Hanau als gesellschaftliches Thema mehr und mehr in den Hintergrund. Wieder stehen wir hier und sehen in die gleichen Gesichter, wieder rufen die gleichen Gruppen und Initiativen zum Gedenken auf. Da stellt sich die Frage: Warum interessiert es sonst keine?!

Hanau ist kein Einzelfall. Warum müssen wir das überhaupt betonen? Rassismus und Antisemitismus sind nicht nur Randerscheinungen, sondern gehören zu Deutschland, wie Bier und Fußball. Das ist widerlich! Sowohl vor als auch nach Hanau beobachten wir eine dramatische Zahl an rassistischen und antisemitischen Drohungen, Anfeindungen und Anschlägen in Deutschland. Rassistische Polizeigewalt jeden Tag und das staatliche Versagen in Hinblick auf eine lückenlose Aufklärung rechten Terrors in Deutschland sind Teil des Problems. Rassismus und Antisemitismus töten! Solange sich nichts ändert, sterben weiter Menschen.

Die aktuellen Verhältnisse produzieren aber nicht nur Unsicherheit und Not, sondern auch Widerstände. #blacklivesmatter hat uns gezeigt, wie wichtig es ist, gemeinsam auf die Straße zu gehen, zu kämpfen für eine Gesellschaft ohne Rassismus, Antisemitismus und Sexismus.

Spätestens nach Hanau wird deutlich, dass wir diesen Kampf nur dann gewinnen können, wenn wir den Fokus auf die Betroffenen von Rassismus und Antisemitismus richten. Wir wollen zuhören, nicht erst nach Hanau, sondern immer! Aber zuhören allein reicht nicht. Betroffenen rechter Gewalt zuzuhören muss nämlich auch heißen, sich selbst darum zu kümmern; sich mit strukturellem Rassismus auseinanderzusetzen, ihn zu erkennen und sich selbst und andere weiterzubilden.

Gerade als weiße Person ist es wichtig, sich seinen eigenen gesellschaftlichen Privilegien bewusst zu sein, die eigene Rolle in dieser rassistischen Gesellschaft zu reflektieren und sich gegen Alltagsrassismus klar und entschlossen zu positionieren. Und zwar immer! Wir tragen Verantwortung für eine Verbesserung der Zustände einzustehen! Und dies ist nur möglich, wenn wir uns mit betroffenen Personen solidarisieren, ihnen Raum geben in einer durch und durch rassistischen Gesellschaft.

In Gedenken an die Ermordeten, in unendlicher Trauer und mit rasender Wut halten wir es nicht mehr aus, immer wieder die leeren Worte von Politiker*innen anzuhören. Wir wollen eine wahre Aufarbeitung des rassistischen Terrors in Hanau und ganz Deutschland. Wir wollen grenzenlose Solidarität, und zwar jetzt!

Lasst uns zusammen – als Betroffene, als Antirassist*innen und als Antifaschist*innen – neue Strategien im Kampf gegen rechten Terror und Gewalt, Rassismus und Nationalismus finden!

Kein Vergeben, nie Vergessen!
In unendlicher Solidarität mit den Betroffenen rechter und rassistischer Gewalt!

Online-Vortrag | 18.01.2021 | 19 Uhr

we look out for each other statt Racial Profiling

Ein Vortrag mit dem Verein für Interkulturelle Alltagspraxis e.V.

In dem Vortrag wird die Arbeit von copwatchffm vorgestellt, die in Frankfurt am Main seit sieben Jahren gegen die diskriminierende und gewaltvolle Praxis des Racial Profiling kämpfen. Dabei knüpfen sie an bestehende Kämpfe an, die sowohl kollektiv von Gruppen wie der ISD (Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland) oder KOP (Kampagne gegen Opfer rassistischer Polizeigewalt), aber auch tagtäglich von den vielen Einzelpersonen, die mit Racial Profiling im Alltag umgehen (müssen), geführt werden. Es stellen sich Fragen nach den geeigneten Interventionsformen, wenn man Racial Profiling beobachtet, aber auch nach Alternativen zur Polizei, wie wir sie kennen. Was bedeutet eigentlich Sicherheit und wie wird sie hergestellt?

Der Polizei den Etat kürzen, sie abschaffen und andere, möglicherweise kollektive Formen von Sicherheit stärken, sind Forderungen, wie sie in Minneapolis und anderen Städten der USA seit Jahren diskutiert und nun im Zuge von “Black Lives Matter” z.T. tatsächlich in die Tat umgesetzt werden. Ist dies auch in Deutschland denkbar? Was braucht es dafür?

Während der Vortrag vor allem die Arbeit von copwatchffm vorstellen und dabei die weitreichenden Probleme, die mit Racial Profiling einhergehen, umreißen wird, sollen die letztgenannten Fragen ein Ausgangspunkt für eine gemeinsame Diskussion sein.

Anmeldung an agb_ildung@riseup.net oder direkt hier!

[Wir schicken euch dann die Zugangsdaten für den Online-Vortrag. Die Mail-Adressen werden selbstverständlich vertraulich behandelt und im Anschluss an die Veranstaltung gelöscht.]

 

Redebeitrag: “Sexismus geht uns alle etwas an”

“Sexismus geht uns alle etwas an”

Redebeitrag am Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen*

In unserer Gesellschaft ist es kaum möglich, öffentlich zu sagen: “Ich bin betroffen von sexualisierter Gewalt”, ohne sofort geächtet zu werden und als armes Opfer zu gelten. Das Sprechen über sexualisierte Gewalt wird in die Privatsphäre verbannt, in Gespräche zwischen engen Freund*innen, in Therapie oder Selbsthilfegruppen. Wir möchten dazu beitragen, diese Sprechräume zu schaffen und zu erweitern. Dies bedeutet aber auch traumatische Erfahrungen über sexualisierte Gewalt und Sexismus zu benennen.
Daher eine Triggerwahrnung: In unserem Redebeitrag werden wir von unseren individuellen Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt und Sexismus berichten. Wir möchten darauf hinweisen, dass wir eine weiße, in Deutschland sozialisierte Perspektive einnehmen, die sehr subjektiv und privilegiert ist.

 

Blöde Sprüche, Hinterhergepfeife, permanente Bewertungen nach dem Schönheitsideal, Angrabschen, Kuss aufgedrückt, Stalking, Schläge, Tritte, Prügel, Zwangsprostitution, häusliche Gewalt, Spannervideos, sexuelle Übergriffe, Vergewaltigung, Mord. Jede 3. Frau* ist mindestens einmal in ihrem Leben von sexualisierter Gewalt betroffen. 80 Prozent der Gewalttaten gegen Frauen* in Deutschland bleiben im Dunkeln. Folgen sexualisierter Gewalt können ein Leben lang wirken und sind gravierend.

Sexualisierte Gewalt umfasst alle Formen von sexuellen Handlungen und Taten, die gegen den Willen oder ohne Einwilligung einer Person ausgeübt werden. Die Absicht oder auch der Vorsatz der gewaltausübenden Person, ist nicht ausschlaggebend dafür, ob es sich um sexualisierte Gewalt handelt. Entscheidend ist, dass Handlungen oder Taten gegen den Willen oder ohne Einwilligung der Betroffenen ausgeübt wurden. Ob etwas gegen den Willen der Betroffenen stattgefunden hat, kann nur die Betroffene selbst sagen und das soll unsere Prämisse sein. Gewalt gegen Frauen* und Mädchen wird durch Sexismus ermöglicht. Sexismus spricht Frauen* von Natur aus eine geringere Stellung als Männern zu und zwingt sie zu Hauptaufgaben, wie Haushalt, Kindererziehung und die sexuelle Verfügbarkeit für Männer.

So wird Arbeit, die vorwiegend von Frauen* übernommen wird, immer noch geringgeschätzt oder oft überhaupt nicht erst als Arbeit anerkannt. Frauen* verdienen in Deutschland im Schnitt 22% weniger als Männer. Und das, obwohl Frauen* (erst) seit 1977 in der Bundesrepublik Deutschland arbeiten dürfen, ohne die Zustimmung des Ehemannes. Zu Hause leisten Frauen* zusätzlich unzählige unbezahlte Stunden an Erziehungs-, Haushalts- und Pflegearbeit.
Also wer wäscht Wäsche? Wer putzt und bleibt Zuhause in Zeiten, wo Kitas und Schulen geschlossen sind? Wer kümmert sich mit um Hausaufgaben und pflegebedürftige Angehörige etc.?

Aber wir meinen bei Care-Arbeit nicht nur Hausarbeit, sondern auch das Kümmern im Allgemeinen: Wer fragt, wie’s dir geht, was dich beschäftigt und umtreibt? Wer erkundigt sich danach, was du brauchst – und das nicht nur in Paarbeziehungen, sondern auch in Freund*innenschaften.
Für Partner*innen, Angehörige, Freund*innen und Kolleg*innen leisten Frauen* oft emotionale Unterstützung.

Nein heißt Nein, No means No

Gerade zu Zeiten der Corona-Pandemie scheinen die eigenen vier Wände der sicherste Ort zu sein. Ein ‚Zuhause‘ – solange man überhaupt eins hat – gibt uns Sicherheit, dort sollen wir uns geschützt fühlen. Für viele Frauen* und Kinder gilt dies allerdings nicht. Gerade dort sind sie besonders bedroht und erleben häusliche Gewalt durch ihren Partner oder Angehörige.

Nicht nur Zuhaue, auch bei Freund*innen fühle ich mich wohl, ich vertraue ihnen. Da ist es erst mal schwer vorstellbar, dass die eigenen Freund*innen sexistisch diskriminieren oder gar sexualisierte Gewalt ausüben. Kommt es trotzdem vor, wird oft gezweifelt. „Ist das wirklich passiert?“ Und oft wird verharmlost oder versucht zu entschuldigen: „Das hat die Person bestimmt nicht so gemeint, das wurde falsch verstanden, das kann nicht so schlimm gewesen sein, da wird übertrieben.“

Ich will, dass wir aufhören Betroffenen sexualisierter Gewalt zu misstrauen. Es wäre angemessen, den Betroffenen mit Offenheit und nicht mit Abwertung zu begegnen und ihnen nicht das Gefühl zu vermitteln, dass sie falsch oder überzogen reagieren. Generell gilt, und das ist wichtig immer und immer wieder zu wiederholen: Nein heißt Nein, No means No und kein Ja meint auch Nein!

Du denkst, du weißt, was die anderen Personen wollen oder nicht? Du meinst, du kannst an ihrer Körperspache, der Mimik, ihren Klamotten ablesen, was sie denken? Da liegst du aber falsch! Erst durch ein offenes miteinander sprechen können wir wissen, auf was andere Menschen, unsere Partner*innen, unsere Freund*innen Lust haben und was ihre Erfahrungen und Wünsche sind. Heute vielleicht mal keine Böcke?! Null Problemo!
Aber sprechen allein reicht nicht. Es muss normal sein, sich zurückzunehmen, keinen Druck aufzubauen. Es muss normal sein, dass wir uns eingestehen, wenn wir grenzüberschreitend waren. Es gilt dann unser Handeln zu reflektieren und zu ändern. Und das ist verdammt anstrengend, aber auch verdammt wichtig. Vielleicht ist es gut, sich an Freund*innen und Beratungsstellen und Theapeut*innen zu wenden.
Und nochmal: Nein bleibt Nein und kein Ja heißt immer noch Nein!

Auch Verhütung ist zur Zeit hauptsächlich Frauen*sache.
Wer kümmert sich? Wer erinnert sich, jeden Tag die Pille zu nehmen? Wer muss eine Hormonbombe zu sich nehmen? Wer zahlt die Pille danach und geht zur Apotheke? Wer zahlt die Spirale? Wer muss sich um Abtreibung kümmern?
Warum gibt’s denn immer noch keine Pille für den Mann und warum wird der eh schon mühsame Weg zur Abtreibung von der Politik noch schwerer gemacht oder teilweise blockiert?

Sexismus geht uns alle etwas an

Häusliche Gewalt, Carearbeit, Umgang mit Sexismus, Auseinandersetzungen mit Verhütung, Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt – das alles ist scheiße. Doch wir lassen uns von unseren Erfahrungen und diesem Alltag nicht brechen! Wir wollen, dass wir gemeinsam und solidarisch mit Sexismus und sexualisierter Gewalt umgehen. Dies schließt eine Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Machtverhältnissen ein, denn Sexismus und sexualisierte Gewalt sind keine individuellen Einzelfälle, sondern Bestandteil und Ergebnis gesellschaftlicher Strukturen.

Normalität ist es zurzeit, dass Betroffene immer wieder einsam sind und isoliert werden. Als Betroffene ist es meist schwer genug Unterstützung zu finden, gehört zu werden und ernst genommen zu werden.
Unsere Aufgabe ist daher in Communities, im Freund*innenkreise, in der Familie, auf Arbeit, in politischen Gruppen, in der Nachbarschaft und überall: Orte schaffen, die es ermöglichen offen über Erfahrungen zu sprechen, in denen zugehört und Betroffenen geglaubt und vertraut wird.

Es geht uns aber nicht nur darum, ‘Feuerwehr’ zu spielen. Also erst dann zu reagieren, wenn’s schon brennt. Sondern wir wollen Bedingungen schaffen, die Gewalt minimieren, damit diese Gewalt am besten überhaupt nicht erst stattfindet. Dafür müssen wir lernen unsere Annahmen und Bilder zu verändern. Wir leben alle in einer sexistischen Gesellschaft. Das ist kacke, aber wir müssen unsere Fehler erkennen und unser Verhalten verändern, uns entschuldigen, die Schuld nicht immer wegschieben, um das Bild wahren zu wollen, dass in unserem doch so aufgeklärten Freund*innenkreis so was ja nicht stattfinden kann.

Wir fordern einen achtsamen und bewussten Umgang mit Betroffenen von sexualisierter Gewalt und sexistischer Diskriminierung.
Mach’ dir bewusst, dass Gewalt und sexistische Diskriminierungen stattfinden, auch in deinem Umfeld! Setz’ dich damit auseinander! Halt mal deine Fresse und hör zu!
Informiere dich, wie du dich schützen kannst! Reflektiere dein eigenes Verhalten! Und interveniere bei sexualisierter Gewalt und sexistischer Diskriminierung!

Gegen Macker und Sexisten – Fight the Power, Fight the System!

 

Redebeitrag von Tim Dreyer

Hi, mein Name ist Tim von den LINKEN
Ich freue mich darüber, dass heute so viele Menschen gekommen sind, um den selbsternannten Querdenkerinnen hier in Darmstadt entgegen zu treten. Das wird auch bitter nötig. Wir dürfen Antisemitismus, Verschwörungserzählungen und Reichsbürgerinnen nicht mehr länger unwidersprochen lassen.

Dabei gibt es doch so viele Gründe um auf die Straße zu gehen, liebe Freundinnen. Die Corona-Pandemie verschärft bestehende Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten nur weiter. Corona trifft uns alle, nur nicht alle gleich.

Wir befinden uns aktuell auf dem direkten Weg in die zweite Welle, die Fallzahlen steigen wieder an, erste Städte und Bundesländer beschließen neue Beschränkungen. Dabei betonen Politikerinnen immer wieder, dass ein zweiter Lockdown unbedingt verhindert werden soll. Dahinter steckt Kalkül. Man fürchtet sich vor den ökonomischen Folgen eines zweiten Lockdowns. Und weil man die Profitmöglichkeiten der Unternehmen nicht einschränken möchte, werden die Kontaktbeschränkungen im privaten Raum wieder massiv zunehmen. Damit wir täglich in überfüllten Bussen ohne Abstand zur Arbeit fahren und bei Tönnies die Bänder laufen können, gibt es nun Übernachtungsverbote für Touristinnen aus
Risikogebieten.

Schon heute ist, neben sogenannten Superspreader-Events, der Arbeitsplatz der Ort, an dem sich Menschen am häufigsten mit Corona anstecken.
Das ist vor allem ungerecht und bevorzugt das Gewinninteresse des Kapitals.

Während die großen Konzerne Kurzarbeit oder Staatshilfen beantragen können, ist die Situation für die kleinen Betriebe, Freiberuflerinnen und Soloselbstständige höchst prekär.
Vor allem die Kulturschaffenden werden von der Politik bisher gewissentlich vergessen oder ignoriert. Für viele kleinen Kinos, freie Theater aber auch Bars und Clubs sieht es düster
aus.
Und was machen die großen Konzerne mit ihrer Staatsknete: Sie strukturieren ihre Unternehmen komplett um und führen Massenentlassungen durch, wie aktuell bei Conti in Babenhausen oder Karben.

Wenn das ökonomische Leben seinen normalen Gang gehen soll, Schulen, Kitas und Freizeiteinrichtungen allerdings schließen müssen, hat das enorme Folgen für das Zusammenleben von Familien und Wohngemeinschaften. Gerade Frauen leiden unter der
Doppelbelastung zwischen Lohn- und Sorgearbeit. Partnerinnenschaften und Familien leben wieder verstärkt patriarchale Rollenbilder, die man eventuell schon längst abgelegt hat.

Wir haben bereits im Frühjahr gesehen, dass die Zahlen häuslicher Gewalt gestiegen sind und Depressionserkrankungen zugenommen haben.
Besonders dramatisch aber ist die Situation für Geflüchtete in den Sammelunterkünften. Wie soll man Abstand halten, wenn sich 10 Leute ein Zimmer und noch mehr Menschen eine Dusche teilen müssen? Kein Wunder also, dass es in Gemeinschaftsunterkünften immer wieder zu Corona-Ausbrüchen kommt., so erst kürzlich in Frankfurt. Die hessische Landesregierung handelt hier grob fahrlässig, liebe Freundinnen.

Und lasst uns ehrlich sein, liebe Freundinnen. Die Ursache für all diese Probleme, die ich grade aufgezählt habe, hat einen Namen: Sie heißt Kapitalismus. Ohne eine gänzlich andere Form des Wirtschaftens – jenseits von Profitmaximierung und Wachstumszwang – und ohne eine neue solidarische Art des Zusammenlebens, werden wir die massiven Verwerfungen
dieser Krise nicht in den Griff bekommen.

Und es wäre absolut vermessen vor mir, wenn ich behaupten würde, auf all diese vielen Probleme eine Antwort zu haben. Die habe ich nicht. Ich finde aber, es ist jetzt allerhöchste Zeit dafür, die Antworten gemeinsam zu finden. Ich finde, heute ist ein guter Anfang dafür.
Lasst uns gemeinsam überlegen, wie eine solidarische Antwort auf die Corona-Pandemie aussehen kann.

Wir als LINKE möchten fünf konkrete Vorschläge machen, die wir als Sofortmaßnahmen wichtig finden. Nicht der Weisheit letzter Schluss oder das Ende der Debatte, sondern ihr Anfang. Fünf Maßnahmen als eine Art der ersten Hilfe:

1. Gehaltszulagen für Beschäftigte im Gesundheitswesen, ganz besonders in der Pflege,

2. Ein Verbot von Entlassungen bei allen Unternehmen, die staatliche Unterstützung erhalten.

3. Ein Pandemieüberbrückungsgeld für kleine Geschäftsinhaberinnen, Freiberuflerinnen und Solo-Selbstständige.

4. Ein Sofortiges Verbot von Mietkündigungen und Zwangsräumungen,

5. Einen Sofortigen Stopp aller Abschiebungen und eine Corona-konforme Unterbringung von Geflüchteten.

Wer an den sozialen Verwerfungen der Pandemie wirklich etwas ändern möchte, ist eingeladen, mit uns zusammen auf die Straße zu gehen. Wer wirklich für eine gemeinsame und solidarische Lösung der Corona-Pandemie streiten möchte, findet ihn uns Verbündete
und Unterstützerinnen.

Wer aber auf die Straße geht um Verschwörungserzählungen zu verbreiten und dabei hilft, menschenverachtende Einstellungen wie Antisemitismus, Rassismus oder völkisches Gedankengut weiter salonfähig zu machen, findet in uns eine entschiedene Gegnerin.

In diesem Sinne: Lasst uns weiter für gemeinsam eine solidarische Lösung der Krise streiten und lasst uns eine klare Rote Linie Richtung Querdenken, Reichsbürgerinnen Neonazis und
andere Menschenfeinde ziehen. Alerta!

Tim Dreyer von der Fraktion DIE LINKE.
im Hessischen Landtag

Antisemitismus und Rechte Gewalt Redebeitrag von Renate Dreesen

“Wir möchten jetzt keine Solidarität, wir wollen Taten!” sagt Hamburgs Landesrabbiner Shlomo Bistritzki, und weiter: “Solidarität ist wie eine Kopfschmerztablette bei einer schweren Krankheit. Sie lindert den Schmerz, aber bekämpft nicht die Ursachen.” Er sagte das, nach dem am letzten Sonntag ein Ex-Bundeswehrsoldat in Uniform und mit Hakenkreuz in der Tasche einen jungen jüdischen Studenten vor der Synagoge mit einem Spaten schwer verletzt hat. Vorher hat der Täter noch Polizisten gefragt, ob das die Synagoge sei. Wieder wird von einem Einzeltäter gesprochen, den man in die Psychiatrie steckt.

Vor einem Jahr hat zum Glück die massive Eingangstür die Menschen in der Synagoge geschützt. Zwei Passanten wurden ermordet, an Yom Kippur, dem höchsten jüdischen Feiertag.

In Darmstadt wurde vor einigen Wochen die Menora vor dem Erinnerungsort Liberale Synagoge schwer beschädigt. Überall und zunehmend Verbrechen gegen Juden, Muslime, Menschen, die einen Migrationshintergrund haben, wie in Hanau und immer sind es Einzeltäter, verwirrte Einzeltäter.

Vor zwei Wochen erschien im Darmstädter Echo ein Leserbrief, wo der Zahnarzt Michael Oheim aus Riedstadt von den Juden in Deutschland Dankbarkeit verlangt, weil es ihnen nirgends so gut gehe wie in Deutschland. Man kann es kaum glauben – auch ein verwirrter Einzelner? Oheim – er hat den Leserbrief mit vollem Namen unterschrieben – beruft sich dann auf den von Nazis ermordeten Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübke: “Wem es hier nicht passt, kann unser Land verlassen.” Man ist erst mal sprachlos, über solch eine infame Behauptung, aber auch darüber, dass so ein Dreck im Darmstädter Echo veröffentlicht wurde. Am nächsten Tag gab es eine Entschuldigung des Chefredakteurs, die wenig überzeugend war, dann aber eine ganze Seite mit empörten Leserbriefen.

Es ist nichts Neues, Antisemitismus hat es immer gegeben, religiösen Antisemitismus, das wissen wir spätestens seit Luther bis hin zum völkischen rassistischen Antisemitismus unter Hitler. Das hat sich in der Nachkriegsgeschichte nicht geändert, 20 – 30% der Menschen waren rassistisch und antisemitisch. Aber so richtig offen wurde das nicht gezeigt.

Im letzten Jahr hat der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung Felix Klein bei der Gedenkveranstaltung am Güterbahnhof gesprochen. Unter anderem bezog er sich auf die Studie aus 2002, wo durch die nachfolgenden Generationen die Verbrechen der Großvätergeneration von den Enkeln kleingeredet wurden. “Opa war kein Nazi”, eine Untersuchung, die unter anderen Harald Welzer gemacht hat.

Heute sind wir in allen gesellschaftlichen Bereichen mit einem zunehmenden Antisemitismus konfrontiert. Seit Jahren hört man “Jude” als Schimpfwort auf den Schulhöfen. Immer schon gab es Antisemitismus, in der Nachkriegszeit hat das nie aufgehört. Aber das, was früher an den Stammtischen, in der Familie zu hören war, ist heute in der Öffentlichkeit, ja sogar in den Parlamenten, vom Internet will ich gar nicht reden. Das ist unerträglich. Menschen verbreiten ihre antisemitische Hetze sogar unter ihren Namen, da

ist keine Scham mehr vorhanden und das fängt früh an.

Als Vorsitzende des Arbeitskreises ehemalige Synagoge in Pfungstadt biete ich gerne Führungen an. Bei der Führung einer 4. Klasse der Grundschule fragte mich die Lehrerin, ob es Pfungstadt eine jüdische Gemeinde gäbe. Ich erklärte, dass es einige Familien gäbe, vor allem aus der ehemaligen Sowjetunion, die nächste jüdische Gemeinde sei in Darmstadt. Da kommt ein kleines Mädchen und sagt, der Dimitri hat gesagt, er sei auch ein Russe, aber kein “Scheiß Jude”, in der 4. Klasse. Da kann man schon nachdenklich werden.

Auch von muslimischer Seite gibt einen Antisemitismus, auch viele Geflüchtete sind in der arabischen Welt mit dem Hass auf Israel sozialisiert worden. Ich bin sehr oft in Israel, es ist ein wunderbares Land, aber die politische Situation nimmt Entwicklungen an, die auch viele Menschen in Israel mit Sorge erfüllt. Die Situation für die Araber in Israel wird schwieriger. Von einer 2 Staatenlösung wird kaum noch gesprochen. Das kann man kritisieren, aber der Staat steht nicht zur Disposition. Deshalb ganz klar: Auch israelfeindlicher Antisemitismus muss überall entschieden bekämpft werden.

In Zeiten von Corona hat sich unser Leben völlig verändert. Das gesellschaftliche und kulturelle Leben ist fast völlig zum Erliegen gekommen. Die Menschen sind unterschiedlich hart betroffen, oft sind Existenzen gefährdet. Wie durch ein Brennglas werden die Probleme, die es auch schon vor der Pandemie gab, deutlich sichtbar und verschärft, wie soziale Ungleichheit, Ausgrenzung, Benachteiligung und Armut.

Viele Menschen gehen seit Monaten auf die Straße, mit vielen auch berechtigten Forderungen. Verschwörungstheoretiker aller Couleur und vor allem Rechte, Reichsbürger, Faschisten führen das Wort. Wir sehen antisemitische Transparente, hören solche Parolen, angebliche jüdische Kräfte bedrohen die Welt, so die “Verschwörungsexperten”. QAnon war im Spiegel Titelthema, kaum vorstellbar, welche Verbreitung das hat. Menschen tragen den gelben Stern, mit der Aufschrift “ungeimpft”, man beruft sich auf Anne Frank etc. Kaum auszuhalten. Große Aufregung, als die Reichskriegsflaggen vor dem Bundestag auftauchen, die Rechten jubeln, sprechen vom Tag X. Wir dürfen da nicht tatenlos zusehen. Wir dürfen nicht akzeptieren, dass die Teilnehmer so naiv sind oder tun, als wüssten sie nicht, mit wem sie demonstrieren. Da sind auch wir gefordert, Position zu beziehen, Haltung zu zeigen, in der Familie, im Freundeskreis, am Arbeitsplatz, wo auch immer!

Auch in Darmstadt finden diese Demonstrationen statt. Menschen, die Masken ablehnen, gefährden nicht nur sich, sie gefährden vor allem andere. Auch mir ist es unangenehm und ungewohnt, Maske zu tragen, ich erkenne die Menschen oft nicht. Aber um uns und andere zu schützen, muss das sein.

Wenige Monate nach diesem Mord an Walter Lübcke durch Nazis hat die hess. Landesregierung, die hess. Landeszentrale für politische Bildung und den Verfassungsschutz eine Ausstellung gegen die Gefahr des Linksextremismus unter dem Titel “Aufgeklärt statt autonom” an alle Schule verteilt.

Mit der Wirklichkeit hat das nichts zu tun. Definitionen zu Extremismus und Zahlen

stammen vom Verfassungsschutz, der sich gerade in Hessen nicht mit Ruhm bekleckert hat und systematisch die Ausklärung der NSU Morde verhindert hat, Verfassungsschützer Temme, der zur Zeit des Mordes an Halit Yozgat im Internetcafe war, wird bis heute geschützt.

Man kann kaum fassen, dass diese unsägliche Ausstellung nicht auf Widerstand in den Schulen gestoßen ist. Nur von der Edith-Stein-Schule wissen wir von Protesten der Schüler. Die GEW hat zwar eine Studie dazu erstellen lassen, die zeigt, wie einseitig die Ausstellung ist, aber Proteste hielten sich in Grenzen.

Die schrecklichen Ereignisse in Hanau am 19. Februar, die Morde an neun Menschen mit Migrationshintergrund, haben jedem deutlich gemacht, dass rechter Terror eine der größten Bedrohungen für unsere pluralistische Gesellschaft ist und den Zusammenhalt der Zivilgesellschaft gefährdet. Wir müssen deshalb unsere Anstrengungen, jeder Art von Rassismus und Menschenfeindlichkeit entgegenzutreten, verstärken.

Offizielle Zahlen von rechter Gewalt und rechten Morden werden mit weniger als 50 beziffert, die aktiven Rechercheure nennen Zahlen von mehr als 200. Geschieht ein Verbrechen, wird meist der politische Zusammenhang negiert. Das gilt auch für Gewalt gegen Migranten. Selbst Hassbotschaften im Internet werden oft heruntergespielt. Wie kann es sein, dass fast 500 Haftbefehle gegen rechte Gewalttäter nicht vollstreckt werden? Wie kann es sein, dass die Behörden nicht zusammenarbeiten, Akten geschreddert werden?

Wenn sich heute Politiker fast aller Parteien als Kämpfer gegen Rechts gerieren, so sind das in Anbetracht ihrer Handlungen nichts als leere Worte. Die Morde des NSU müssen aufgeklärt werden. Der Sperrvermerk muss vom Tisch, die NSU – Akten müssen zugänglich sein, die Rolle des Verfassungsschutzes muss geklärt werden, der über V-Leute mit unseren Steuergeldern die rechte Szene seit Jahrzehnten finanziert. Konsequent muss jede Vernetzung und Unterstützung aufgedeckt werden, auch in der Polizei, in der Bundeswehr, in der Verwaltung, der Justiz, kurz: in allen Bereichen.

Die NSU-Akten s in Hessen wurden zunächst für 120 Jahre gesperrt. 120 Jahre bedeuten, die Akten für 5 Generationen zu sperren. Wären die Akten aus der Zeit des Nationalsozialismus 1945 für 120 Jahre gesperrt worden, so könnten wir sie erst 2065 einsehen, in 46 Jahren.

Wir fordern mit aller Deutlichkeit die Offenlegung der NSU-Akten in Hessen, denn anders kann eine Auseinandersetzung mit rechtem Terror in Deutschland nicht stattfinden.

Es ist unerträglich, dass die Opferanwältin Seda Basay-Yildiz seit über zwei Jahren Morddrohungen erhält und mittlerweile viele andere auch, die auf Daten von Polizeicomputern basieren und rechte Netzwerke in Polizei, KSK, Bundeswehr nicht konsequent aufgedeckt und angeklagt werden. Eine wissenschaftliche Untersuchung wird verhindert. Aufklärung und Supervision sind unabdingbar!

Solidaritätsbekundungen sind wichtig, das reicht nicht aus, da hat der Hamburger Rabbiner völlig recht mit seinem Vergleich mit der Schmerztablette. Es muss gehandelt werden. Politische Bildung muss endlich wieder stattfinden, professionell. Einichtungen wie das Haus am Maiberg und die vielen anderen Netzwerke gegen Rechts müssen dauerhaft gesichert werden, anstatt v.a. Geld für einzelne Projekte zu finanzieren, mit hohem bürokratischen Aufwand, wie bei “Demokratie leben”.

Wir beteiligen uns in Darmstadt und in Pfungstadt an Projekten, in denen über die Folgen und Auswirkungen der Pandemie nachgedacht wird, Ideen entwickelt werden, wie die Welt mit oder nach Corona besser werden könnte. Das soll mit künstlerischen Mitteln gestaltet werden. Die Projekte sind digital, wir alle lernen und müssen dazu lernen. Machen Sie mit.

Ideen zu entwickeln, wie eine sozial gerechte und ökologisch orientierte Welt aussehen soll, ohne Armut, Diskriminierung, Ausgrenzung, Antisemitismus und Antiziganismus ist die Aufgabe aller, die in einer freien und sozialen Gesellschaft leben wollen. Das geht uns alle an. Das betrifft uns alle.

Wir fordern, die Aktion “Respekt – kein Platz für Rassismus” zu unterstützen und diese Schilder an allen öffentlichen Gebäuden anzubringen.

Schilder können Sie bei mir bekommen.

Gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus! Das geht uns alle an!

Renate Dreesen vom Bündnis gegen Rechts Darmstadt &Bunt ohne Braun im Landkreis Darmstadt-Dieburg

Beitrag von Migrantifa Darmstadt zu “Querdenken”

Liebe Antifaschistinnen, liebe Antifaschisten,
wie ihr sicher nachvollziehen könnt, sind wir heute aus Gründen des Selbstschutzes nicht persönlich hier. Wir danken aber vielmals der agb_ildung für die Einladung und das Vortragen der folgenden Rede.

Wir möchten euch heute zeigen, wie Esoterik mit rechtsextremer Ideologie zusammenhängt, euch warnen vor antisemitischen, rassistischen und esoterischen Wurzeln der Umweltbewegung, und veranschaulichen, warum Querdenken folglich eine Gefahr für
migrantisiertes Leben in Deutschland darstellt.

Bevor wir aber beginnen, sprechen wir eine Trigger Warnung aus. In der Rede werden wir antisemitische und rassistische Äußerungen zitieren und erläutern.

Querdenken – Von Rechtsesoterik, Verschwörungstheorien und Ökofaschismus.

Der moderne großflächige Umweltschutz war ursprünglich Thema für ökonomisch Privilegierte. Er stellte eine Reaktion dar auf eine rasant voranschreitende Industrialisierung im 19. Jahrhundert. Wer aber mehr als 12 Stunden täglich für das Überleben seiner Familie schuften musste, hatte keinen Kopf sich für Umwelt einzusetzen.

Aus den bürgerlichen Kreisen entsprangen also verschiedene Reformbewegungen, die teilweise reaktionär und rechtsesoterisch waren. Diese sahen die Natur als Rückzugsort vor Schmutz, Anonymität und Kriminalität. Städte galten als Brutstätte von Sozialismus, Frauenbewegung, Sitz der Intelligenz, beherrscht von den Juden.

Eine dieser Reformbewegungen war der Artaman Bund, ein radikal völkischer Siedlungsbund, der „die Erneuerung aus den Urkräften des ​ Volkstums​ , aus Blut, Boden, Sonne und Wahrheit“ propagierte. Ihre Ideologie postulierte die Einheit des “Volks” der “arischen” “Rasse” mit “seinem” “Siedlungsgebiet”. Dies diente den Nazis später als Basis für ihre Blut-und-Boden-Ideologie; und nicht überraschend, als einziger Jugendbund wurde der Artaman Bund nach der Machtübernahme kooperativ in die Hitlerjugend aufgenommen.

Eine weitere Bewegung ist die Anthroposophie. Ihr Begründer war Rudolf Steiner, der am besten als Begründer der Waldorf-Pädagogik bekannt ist. Seine Ideologie kombiniert idealistische Weltanschauung mit christlicher und ostasiatischer Mystik. Es gäbe eine geistige Welt, die durch Meditation erkennbar sei.
Teil der Ideologie war auch die Wurzelrassenlehre. Laut dieser gäbe es Rassen, die die Erleuchtung erreichten und zur Führung der Menschheit werden können, andere Rassen seien dazu nicht fähig und seien zum Untergang verdammt. Zum aktuellen Zeitraum sei die arische Rasse zur Menschheitsführung auserkoren, unter denen die nordisch-germanische Unterart die Elite bilde. Juden wurden als “wurzellose Rasse” deklassiert.
Steiner schrieb: [​ „Die weiße Rasse ist die zukünftige, ist die am Geiste schaffende Rasse“, während Schwarze „alles Licht und alle Wärme vom Weltraum aufsaugen“ und im Hinterhirn und Rückenmark verarbeiten. “]
Die Anthroposophie leistete somit ihren Beitrag zum rassistischen und antisemitischen Konsens, und es ist auch hier keine Überraschung, dass sie die Machtübernahme begrüßten.

Rechtsextremen Esoteriker*innen zufolge entspringt die Gesellschaftsordnung dem sozialdarwinistischen “Naturgesetz”. Es gelte die Ideologie vom “Fressen und gefressen werden”. Dieses “Recht des Stärkeren” als Lebensweise wird gepriesen als im Einklang mit der Natur, und diente zur Rechtfertigung der Einteilung von Völkern in höher- und minderwertige “Rassen”.

Im Zuge der New Age-Bewegung der 80er Jahre, einer verbürgerlichten Hippie-Bewegung, wurde Esoterik wieder schrittweise salonfähig. In dessen Windschatten führte sie zur
Popularisierung rechtsextremer Feindbilder und Mythologien. Rechtsextreme Esoterik dient also als spirituelle Legitimation der rechten Ideologie.

Nehmen wir als Beispiel die Neo-Artamanen. Es handeln sich um junge Nazis, die sich gezielt zusammen in bestimmten in Dörfern Mecklenburg-Vorpommerns ansiedeln um braune Alltagskultur zu etablieren. Marius Hellwig von der Amadeu-Antonio-Stiftung beschreibt die Neo-Artamanen als „eine Elite innerhalb der Rechten. […] Sie pöbeln nicht, sind nicht tätowiert, zeigen keine Naziflaggen. Sie verhalten sich unverdächtig, brav.“

Ein anderes Beispiele für Ökoaktivismus von rechts bietet die NPD: Diese agitiert für Ökolandbau und freie Impfentscheidung, gegen Gentechnik und Massentierhaltung. Oder die Autonomen Nationalisten: Diese propagieren Vegetarismus und setzen sich für Tierrechte ein. Deshalb fordern wir: Umweltgruppen müssen sich intensiv mit rechtsideologischen Tendenzen auseinandersetzen! Keine Querfront mit Rechtsextremen!

Rechtsextreme Esoterik treibt sich jedoch nicht nur in Nazikreisen rum. Heutzutage zählt die Anthroposophische Gesellschaft als eine der größten Strömungen der Esoterikszene Deutschlands, mit mehr als 50.000 Mitgliedern weltweit.
Neulich holte Querdenken in Darmstadt die ortsansässige Ärztin Laura Reese auf die Bühne, um gegen den “Maskenzwang” zu propagieren. Auf der Webseite ihrer Praxis gibt sie an, u.a.
anthroposophische Medizin studiert zu haben. Diese ist bei näherer Betrachtung nicht mit naturwissenschaftlichen Erkenntnissen vereinbar. Abgesehen davon, befürworten viele anthroposophische Ärzte eine freie Impfentscheidung, was die vielen Impfgegner unter den Querdenkern, und ihre Anschlussanfälligkeit nach rechts erklärt.
Auch die landwirtschaftlichen Demeter-Produkte stammen alle aus anthroposophisch kontrollierten Projekten.
Und in Görlitz, Cottbus, Weimar organisieren sich die lokalen Querdenker aus den Reihen der Waldorflehrern und Waldorfeltern, manche Lehrer halten sogar Reden.

Auch die Legende der angeblichen Überbevölkerung ist längst im bürgerlichen Lager angekommen. Der Begründer der Tiefenökologie Arne Naess bezeichnete Überbevöl​ kerung alsHauptproblem und lehnte Einwanderung ab, weil [»jeder Einwanderer von einem armen in ein reiches Land ökologischen Streß«] schaffe. Arne Naess war der erste Vorsitzende von Greenpeace Norwegen, und seine Philosophie der Tiefenökologie beeinflusst die globale
Organisation bis heute.

Es sollte nun also klar sein, dass Esoterik genügend Anknüpfungspunkte an rassistische, völkische und antisemitische Ideen bietet, um Leute aus dem Mainstream heraus zu radikalisieren. Für Esoteriker steht die persönliche spirituelle Entwicklung im Vordergrund, und die spirituelle Grundhaltung schützt nicht vor politischen Abwegen. Im Gegenteil, führt sie zur Ablehnung politischer Aktivität und entpolitisiert. Und da sie sich nicht mehr mit Politik beschäftigen, werden sie anfällig für Verschwörungstheorien.

Verschwörungstheorien erhielten durch die andauernde Corona Krise starken Auftrieb, wie auch in jeden anderen Krisenzeiten. Verschwörungstheorien knüpfen oft an berechtigte Zweifeln an,
zum Beispiel dem Misstrauen gegen bürgerliche, pro-kapitalistische Politik. Jedoch versuchen sie, auf komplexe Probleme einfache Antworten zu geben, in dem sie einen Sündenbock für alles Böse verantwortlich machen und ihn dämonisieren. Es ist noch nicht lange her, dass 2008 während der Finanzkrise antisemitische Parolen wieder salonfähig wurden, und manche Fanatiker gar die verlorenen Milliarden in Israel vermuteten.

Auch zu 1929 lässt sich eine Parallele aufzeigen. Die damals ausgelöste Weltwirtschaftskrise befeuerte die reaktionäre Alternativbewegung. Die Nazi Ideologen befeuerten rechte Mystik um die Massen für sich zu gewinnen. QAnon ist derselbe uralte Antisemitismus neu verpackt. Derselbe abscheuliche Antisemitismus, der vor knapp einem Jahr für den Anschlag von Halle verantwortlich ist. Wir sagen ganz deutlich: Antisemitismus geht gar nicht!

Es ist klar, dass die Querdenken-Bewegung durch machthungrige Rechte ausgenutzt wird. Der Querdenker-Gründer Michael Ballweg beschreibt Querdenken als demokratische Bewegung. “Rechtsextremismus” würde nicht dazugehören. Wir sagen: Wer auf dem rechten Auge blind ist, ist kein Demokrat.
Rechtsextreme lehnen die Bedingungen des demokratischen Diskurses ab. Wer berüchtigten Antisemit*innen, Rassist*innen und Geschichtsrevisionist*innen wie Ken Jebsen und Attila Hildmann eine Bühne bietet, ist nicht demokratisch, sondern legitimiert und normalisiert Antisemitismus, Rassismus und Geschichtsrevisionismus.
Wer mit der AFD, der NPD, der 3. Weg & den Identitären zusammen läuft, ist nicht neutral. Wer gemeinsam mit freien Kameradschaften, Holocaustleugner*innen und anderen Nazis läuft, ist nicht neutral, sondern geschichtsvergessen. Ein ​ Nazi – ​ ​ Problem definiert sich nicht in fünf ​ Nazis die zündeln, sondern in ​ 500 ​ , die leise applaudieren und 5.000, die die Schultern zucken.
Spätestens seit dem Sturm auf den Reichstag kann niemand mehr sagen, er sei nur Mitläufer. Man kämpft nicht mit Faschist*innen und Neonazis für die Freiheit – das ist ein innerer Widerspruch.
Wer dennoch versucht, mit Rechten Hand in Hand eine Menschenkette zu bilden, macht sich mitschuldig am Rechtsruck der Gesellschaft.Wer rechten Verschwörungstheorien glaubt, lässt sich manipulieren. Wer rechte Verschwörungstheorien verbreitet, macht sich an rechtsterroristischen Anschlägen mitverantwortlich.
Der Attentäter von Christchurch hing einer Fantasie vom “großen Bevölkerungsaustausch” an, und nannte sich selber Ökofaschist. Auch Tobias R., der Attentäter von Hanau hing Verschwörungstheorien an. Angeblich würde er seit seiner Kindheit gedanklich von einem Geheimdienst überwacht. Gleichzeitig äußerte er sich abschätzig über Menschen mit Migrationshintergrund, und sprach von Säuberungen. Mit seinem Anschlag wollte er Aufmerksamkeit auf seine abscheuliche Theorie lenken. Wieder einmal zeigt sich: Aus Worten werden Taten, Verschwörungstheorien ​ töten​ .

Generell sind wir Menschen mit Migrationshintergrund strukturell stärker durch Corona benachteiligt.
Wer als Fremde oder Fremder markiert wird, ist stärker von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen, landet in systemrelevanten Berufen oder in der prekären Selbstständigkeit. Die aktuelle Pandemie verstärkt diese Klassenunterschiede. Kinder aus ärmeren Familien
müssen sich nicht selten mit anderen Angehörigen ein Zimmer teilen. Das führt bei gleichzeitigen Videokonferenzen zu deutlich schlechteren Unterrichtsbedingungen. Von den Querdenker*innen ist kein Funken Solidarität zu erwarten.
Wer in Zeiten der Pandemie es nicht einsieht, kleine Kompromisse zum Schutze anderer einzugehen, ist kein Rebell, sondern Egoist. Da sie ihre Augen vor der Realität verschließen, müssen sie die Konsequenzen nicht selber tragen, während sie ältere Mitmenschen gefährden. Wieder einmal kommt hier das sozialdarwinistische Prinzip vom “Survival of the Fittest” zum Vorschein. Währenddessen werden unsere ostasiatisch markierten Geschwister weiterhin rassistisch angefeindet, und die Schuld an der Pandemie gegeben. Die Verschwörungstheorie, dass das Virus absichtlich in einem chinesischen Labor als Biowaffe gezüchtet wurde, ist entschieden abzulehnen.

Abschließend wollen wir noch einmal eindringlich wiederholen:
Verschwörungstheoretiker*innen mache immer einen Sündenbock für alles Böse verantwortlich und wollen einfache Antworten bieten. Es gibt jedoch keine einfachen Antworten. Ihr müsst deshalb Phänomene immer kritisch hinterfragen.

Wir möchten besonders Umweltgruppen noch mal darauf hinweisen: Umweltschutz muss antifaschistisch bleiben. Setzt euch mit reaktionären Tendenzen auseinander.

Keine Kooperation mit Rechten! Keinen Breit den Reichsbürger*innen, Neonazis und Verschwörungstheoretiker*innen!

Ansonsten riskiert ihr migrantisches Leben in Darmstadt.

Eure Migrant*innen Darmstadt.
Migrantifa Jetzt!

Arbeitskreis Ideologiekritik – „Querdenken“

Die Querdenker brachten es auch im sonst nicht unbedingt umtriebigen Darmstadt fertig, ein wenig Staub aufzuwirbeln und so etwas wie eine breite politische Bewegung zu simulieren. Hier vereint man Trommelklopfen und Batik-Shirts mit Verschwörungstheorien über die Neue Weltordnung, freut sich über Lagerfeuer-Lieder gegen die Antifa ebenso wie über seltsame Tanz-Choreographien, macht schließlich ebenso mit Hitlergrüßen von sich
Reden, wie mit Versuchen, sich die Regenbogen-Fahne anzueignen. Kurz: es wimmelt nurso von Widersprüchen.

Wir wollen mit zwei Punkten deutlich machen, wie das alles zusammen passt:

Was wir beobachten können ist erstens eine Krisendynamik, in der auch sonst unauffällige Teile des Mittelstands plötzlich Farbe bekennen. Die deutsche Wirtschaft kriselte schon seit letztem Jahr deutlich und die Prognosen sind inzwischen alles andere als rosig – Corona- Pandemie ist hier nur der Name, den einige der allgemeinen Krisenerwartung gegeben haben, die sie nicht so ganz begreifen, aber umso mehr fürchten.
Zweitens ist das ungewöhnliche Bündnis längst nicht mehr so unerklärlich, wenn man sich bewusst macht, dass rechtes Denken und das esoterische Milieu weniger weit auseinander liegen, als es die Klischees nahelegen, nach denen sonst die politischen Lager sortiert werden.
Auf völkisches Denken, antisemitische Welterklärungsmuster und autoritäres Rebellentum haben deutsche Nazis kein Monopol. Je nach Milieu äußern sich diese Dinge unterschiedlich, bedient man sich unterschiedlicher Codes und Versatzstücke. Aber diese Trennung ist im Zweifelsfall auch schnell überwunden. Und Verschwörungstheorien wie auch esoterisches Denken sind fest in Teilen des Mittelstands verankert, auch wenn das sonst meist latent bleiben konnte. Diese Verschwörungstheorien konnten sich, unter dem Eindruck von Quarantäne und unklaren Aussichten, weiter verbreiten und verfestigen.

Mittelstand und Krise

Die Wut des Mittelstandes, aus dem sich auch die Querdenker und Corona-Protestler im eher wohlhabenden Darmstadt rekrutieren, ebenso wie etwa in Stuttgart oder München, nährt sich aus der Angst vor Abstieg und Krise. Wie ein Damoklesschwert hängt ein möglicher Wirtschafts-Crash über dem eigenen Vorgarten, und seit der letzten Finanzkrise hat man das irgendwie kommen sehen. Die kleineren Unternehmer, Selbstständige, eigentlich Gut-Verdiener waren – insbesondere am Anfang – mit auf der Straße, waren
empört und meinten: „so geht es doch nicht weiter“. Der Mittelstand hat sich vor einigen Monaten kurz in Bewegung gesetzt, und auch wenn das wieder zurückgegangen ist, wenn gerade vor allem noch ein paar verwirrte Reste weiter machen, so wurde jetzt schon
deutlich, was in Krisenzeiten zu erwarten bleibt.

Furcht vor Krise und Abstieg wäre soweit zu begreifen, doch es handelt sich gleichzeitig wohlgemerkt oft um Leute, denen die permanente Krise an der europäischen Peripherie kaum ein Achselzucken wert sein dürfte. Leute, die frei heraus bekennen, dass sie bisher „unpolitisch“ waren, sich also nie engagiert haben, und das noch für eine Art Auszeichnung halten. Die meinen, jetzt – wo sie es selbst spüren – sei es ja durchaus ernst für alle, also berechtigt zu protestieren, während sonst wohl alles in Ordnung gewesen wäre. .
Denn dieser Mittelstand ist alle möglichen Formen des therapeutischen SelbstbezugesArbeitskreis Ideologiekritik – „Querdenken“ gewohnt, das ist eine wichtige Form der Sprache, mit der er gesellschaftlich wirken will und kann. Sein Gewissen, seine Gefühle gelten ihm als unmittelbar, als eins mit der Gesellschaft. Und so graust es diesem Mittelstand gleichzeitig um den deutschen
Maschinenbau und um den deutschen Vorgarten, während er versucht, all dem mit Selbsthilfe-Slogans beizukommen, mit guter Laune, schwingendem Tanzbein und viel Liebe.

Aber es ist wie mit dem Regentanz in der Dürre, all die Beschwörungen helfen nichts, und man sucht nun nach Schuldigen, man schreit nach Opfern.
Der Staat wird gleichzeitig beschworen und verflucht, und bei vielen der Anwesenden scheint es nicht ganz undenkbar, dass sie in der Tat gerade erstmalig in einer für sie negativen Weise in Berührung mit der Staatsgewalt kommen, zum ersten Mal spüren, dass
der Staat des Kapitals nicht nur Garant ihres Wirtschaftens für sie ist, sondern im Zweifelsfall auch gegen sie. Der drohenden Faschismus herbei ist ihnen schon, wenn der Zugang zum Friseur einmal verwahrt bleibt, während sonst noch brutalste Law-and-Order
Exzesse gegen Minderheiten von einem politisch ähnlichem Klientel als Notwendigkeit abgetan werden. Man fühlt sich durch Masken gegängelt, projiziert den eigenen Unmut auf die Kinder, die diesen Querfröntlern als besonders gefährdet und gebeutelt gelten, und
benimmt sich dabei doch selbst wie trotzige Kinder. Neben Strafzetteln und Steuererklärung ist die Schulpflicht eines der seltenen Konfliktfeldern mit dem Staat als Staatsgewalt, der
hier zunehmend als Bedrohung empfunden wird, obwohl dieser Mittelstand sich doch sonst von ihm so gut vertreten fühlt. Wo waren die ganzen besorgten Bürger, die sich jetzt um ihre Freiheit sorgen, als Anfang des Jahres das neue Polizei-Gesetz eingeführt wurde?
Nicht jeder, der irgendwie auf den Staat schimpft, ist also zwangsweise progressiv, was wiederum auf keinen Fall bedeutet, dass Kritik an der Staatlichkeit – im Allgemeinen wie Besonderen – ihren Platz verloren hätte.

Gerade bricht sich also einiges an gesellschaftlicher Paranoia Bahn, was sonst im Alltag noch als seichtes “die da oben” dahinsumpfen durfte. Kein zufälliges Ziel ist dabei Bill Gates: eigentlich niemand kannte den US-Amerikaner zunächst als Impf-Paten, er steht
vielmehr wie wenige andere für die Tech-Industrie, das Silicon Valley, also Kapitalfraktionen die – im Gegensatz zum deutschen Maschinenbau – von der Corona-Krise eher profitieren. Während wenige gerade ein solides deutsches Auto brauchen, boomt es bei
Microsoft, Facebook und Apple. Es ist wohl kein Wunder, dass sich ausgerechnet an einer solchen personifizierten Konkurrenz zum deutschen Kapital derartige Verschwörungstheorien entzünden.
Und wie es sich für so eine Mitte aus späten Baby-Boomern und Generation X gehört, hat man sich denkbar obskure Gestalten an die Spitze gesetzt; so etwa einen ehemaligen Rundfunkmoderator der sich im Radio selbst „Keks“ nannte, einen cholerischen Veganer-
Koch und einen Pop-Sänger mit ebenso bedenklichen Ansichten wie Kopfbedeckungen.

             Verschwörungstheorien und Faschismus der Mitte

Esoterik und rechtes Denken haben eine lange Tradition in einigen der Kreise, die nun aus der Deckung gebrochen sind. Hier finden sich Leute zusammen, die schon lange ihre seltsamen Mantras über das Ich und das Wollen herunter beten mit solchen, für die das alles
ganz neu und aufregend ist.
Vereint sind sie im Glauben, dass Corona nur ein böser Plan sei, mit dem man die Leute krank machen wolle, durch schlechte Worte und Angst Unheil stiften würde. Was sich dahinter versteckt ist die Vorstellung, dass es keine Krankheit (also Krise) gibt ohne bösen Willen und dunkle Machenschaften, dass also die Wirtschaft gerettet werden muss durch Einsatz und guten Willen. Wenn dabei dann mehr Leute sterben müssten, dann sei es eben so, der Lauf der Natur – „it is what it is“ meinte Trump lapidar zu 200.000 Toten.

Professor Ruppert darf es stellvertretend für sie aussprechen: Die Pandemie sei eine „gezielt herbeigeführte Situation“, die selbst die Gesunden per Definition zu Kranken mache und der Rest sei wissenschaftliche umstritten. Prof. Ruppert ist dabei selbst Psychologe und Traumatherapeut, und arbeitet sich als solcher vor allem am vermeintlichen Angst-Machen ab. Die Pandemie als gesellschaftliches Ereignis stellt sich ihm so als vor allem psychischer Mechanismus dar, und das ist bezeichnend für auch die anderen Verhaltensweisen, die sich bei den Querdenkern beobachten lassen. Corona, das ist ein ungebetener Gast, ein Angst-
Macher und Miesepeter, und im kindlichen Trotz schimpft man auf die Eltern, die so jemanden ins Haus gelassen haben. Begreifen will man nur, was man unmittelbar an sich selbst spürt, nämlich Unlust und Furcht. Materielle Konsequenzen, Tod und ernsthafte
Folgen, das sind hier nur die sekundären Folgen, die sich ergeben, weil man an Corona glaube – mit genügend gutem Wille alles kein Problem, so wie es das eigentlich sehr neoliberale Dogma verspricht, das sich auch New-Age Hippies schon eingeimpft haben.
An anderer Stelle sagt die „Hebamme Kirsten“: „Es ist gut in diesen Zeiten, eine Kraft und eine Macht zu kennen, die größer ist als wir selbst“. Man ist sich also nicht zu schade, um Hilfe bitten, beschwört eine größere Macht und ist irgendwie auch gewillt, ihr die Kranken
und Alten als Opfer zu bringen (es geht ja um die Kinder).
(Walter Benjamin schrieb passend über eine solche Anbetung des Kapitals als Gott: „Im Kapitalismus ist eine Religion zu erblicken, d.h. der Kapitalismus dient essentiell der Befriedigung derselben Sorgen, Qualen, Unruhen, auf die ehemals die so genannten Religionen Antwort gaben.“)

So will es eben der heilige Geist namens Kapital, der ihnen erschienen ist in ihrem Ich; innehalten und die eigene Erschütterung spüren, Wohlfühl- und Mitfühl-Rhetorik, sie versuchen sich hier an einer großen, selbst-inszenierten Therapie. Und so geht es vom
Verweis auf die Dunkelheit, das Licht, den Menschen als spirituelles Wesen, weiter zu dunklen Geldgebern und den tödlichen Plänen der Neuen Weltordnung. Alles auch schon nachzulesen bei Gestalten wie Jan Van Helsing, dessen Bestseller hier nun (mehr oder
weniger bewusst) wiedergekäut werden. Kein Wunder auch, dass Darmstadt einEinkaufsparadies für Esoterik-Fans ist.

Fazit

Was bleibt angesichts solche Zusammenkünfte, wie ernst kann man die Kritik der Querdenker nehmen?
Wir wissen, dass die dort vorgebrachten Karikaturen der Herrschenden weder so kritisch sind, wie sie sich geben, noch treffen sie den Kern dessen, was falsch läuft. Hier werden eifrig Strohmänner angegangen, um nur nicht über die reale Grausamkeit dessen reden zu müssen, was schon immer das Tagesgeschäft von Kapital und Staatsgewalt ist. Außerdem sind die zentralen Forderungen der aktuellen „Hygiene-Demos“ noch mehr Wasser auf den Mühlen derer, die Stimmung machen gegen den Vorrang der Gesundheit, und damit für ein Fortsetzen der Ausbeutung auf Kosten von Armen und Schwachen. Aber dieses Interesse daran, dass der Laden wie bisher weiter läuft, ist in erster Linie eines
derer, denen die Arbeiter und Konsumenten sonst wegbrechen. Was ihr hier als Freiheit einfordert ist letztlich nur die Freiheit, am Ende noch die eigene Gesundheit zu verlieren, damit die Wirtschaft weiter brummt, damit das Kapital noch mit Gewinn aus der Krise geht.
Und diese Krise hat in Europa schon über weit über hunderttausend Menschen das Leben gekostet.

Es ist klar, dass man als Linke auch Lernprozesse zugestehen muss. Wir glauben an die Notwendigkeit von Kritik und Agitation, von Bildung und Lernen. Aber trotz gewisser Ungleichheit, die solche Elemente der „geistigen Bewaffnung“ wohl auch immer aufweisen
mögen: niemand zwingt diese Leute, sich heute noch gewissermaßen mit intellektuellen Faustkeilen auf die kapitalistische Totalität und ihren Gewaltapparat zu stürzen – was sie ja im übrigen nicht vorhaben, sondern nur stetig simulieren. Was sie wollen ist einfach nur,dass es so gewalttätig weitergeht wie bisher, dass millionenfacher Hunger, Verelendung und Naturzerstörung weitergehen, nur halt außerhalb ihrer Wahrnehmung. Dafür wollen sie Einfluss nehmen auf bestimmte Kandidaten und Teile der Politik.

Kein Wunder, dass hier eine Krise erlebt wird, denn diese ist in den letzten Jahren immer offener hervorgetreten, schon lange vor Corona; hier ist es der falsche Weg, die Verschwörungstheorie als Wahn abzutun, der von außen in eine sonst harmonische Welt
eindringe; Verschwörungstheorien sind vielmehr der kindische, unzureichende Versuch, die eigenen Ahnungen zu verbalisieren; es gilt nicht abzustreiten, dass etwas schief läuft, sondern herauszuarbeiten, wie grundsätzlich doch alles schief läuft, und wie radikal die Änderungen sein müssen.

AK Ideologiekritik Darmstadt

Beitrag von Günter Mergel (DIFFF

Bezogen auf die Demonstrationen und Kundgebungen des “Querdenker”-Spektrums war in einigen Medien zu lesen oder zu hören:
“Da wächst zusammen, was zusammen gehört.” Das ist zwar richtig, aber nur eine Hälfte der Wahrheit, weil die beteiligten Gruppen oder Strömungen schon sehr lange zusammenarbeiten. Das einigende Band, das alle diese Gruppierungen von persönlichen Bekanntschaften verbindet, ist ihre anti-wissenschaftliche Sichtweise der Welt und das Märchen von der großen Verschwörung; eigentlich sind es verschiedene, sich meistens widersprechende Verschwörungsmythen.

Wenn die gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Zusammenhänge einer komplexen, hochtechnisierten Wirklichkeit nicht mehr von einigen Menschen verstanden werden wollen, greifen sie auf einfache und monokausale Aussagen zurück; erst recht, wenn sich diese Wirklichkeit im Umbruch befindet. So werden hinter allen Ereignissen die Machenschaften kleiner, aber sehr mächtiger Verschwörergruppen gesehen. Wahlweise sind das dann die Freimaurer, die Jesuiten, die Illuminaten, die Pharma-Industrie, die Briten, das Echo, die 98er Fans, der Vatikan sowieso oder alle zusammen. Unverzichtbar dabei sind diejenigen, die ich absichtlich nicht in der Aufzählung genannt habe: Es gibt keine VT ohne
Juden als Drahtzieher hinter allen Vorkommnissen, selbst wenn sie gar nicht genannt werden.
Der erfolgreichste und wirkmächtigste VM sind die “Protokolle der Weisen von Zion”, in denen die These von der großen jüdischen Weltverschwörung entwickelt wurde. Diese These hatte im NS den Rang einer bewiesenen Tatsache und ist mitverantwortlich an den
millionenfachen Morden. Sie war fester Bestandteil des NSDAP-Programms und der offiziellen deutschen Politik. Adolf Hitler zitierte zustimmend daraus in “Mein Kampf” ebenso wie der eigentliche Chefideologe der Partei Alfred Rosenberg in seinem “Der
Mythos des 20. JH”.
In den P werden angeblich von 12 Ältesten der Stämme Israels geheime Strategien und Pläne besprochen, wie die Juden das ganze Geld der Welt und schließlich die Welt selbst in ihren Besitz bringen wollen. Der Adel und das Industriekapital solle dazu verführt werden, hohe Schulden zu machen, um darüber alle Aktienbörsen und den gesamten Welthandel zu kontrollieren. Auch die Kontrolle über Presse und Kirchen würde angestrebt werden. Ein wichtiger Teilerfolg sei gewesen, den Heiland der Christen zu kreuzigen. Jüdische Männer sollten mit arischen Frauen massenhaft uneheliche Kinder zeugen. Diese als “Bastarde” titulierten sollten dann künstlich Warenverknappungen und andere Krisen erzeugen, was dann zu Kriegen und Revolutionen führen werde, aus denen die Juden dann als Könige der Welt hervorgehen.
In manchen Ausgaben Alfred Rosenberg wird behauptet, daß die Juden vor 3000 Jahren einen Pakt mit dem Teufel geschlossen haben, um ihre Ziele zu erreichen.
Die demokratischen Forderungen des Liberalismus der französischen Revolution werdendenunziert und unentwirrbar mit monarchistischen Politikkonzepten vermengt: Die Juden
erscheinen in den heutigen Ausgaben der Protokolle als Herrscher und als Revolutionäre zugleich.
Der Historiker Norman Cohn bezeichnete die P als “Bevollmächtigung zum Völkermord”.Die Ermordung des damaligen deutschen Außenministers Walter Rathenau wurde 1922
damit gerechtfertigt, daß er als einer der Weisen von Zion enttarnt worden sei. Ab 1929 gehörten die alleinigen Rechte an dem Buch der Partei NSDAP, die über 40 Auflagen herausbrachte.

Der antisemitische Esoteriker und Herausgeber Theodor Fritsch schrieb in einem Vorwortder P : “Eines aber ergibt sich als unabweisbare Forderung aus diesen Protokollen: Das Judentum darf nicht länger unter uns geduldet werden! Es ist eine Ehrenpflicht der gesitteten Nationen, dieses räudige Geschlecht auszuscheiden, da es schon durch seine Anwesenheit alles verpestet, die Völker geistig und seelisch krank macht…. Die “Protokolle”enthalten ja die umfänglichsten Geständnisse, wie alle Zeitnöte durch die dämonischen Machenschaften der Volks-und Staatsverwüster künstlich genährt und gezüchtet wurden”(Fritsch 1931, Hervorhebung im Original).

Alle gängigen VM bedienen sich an den P, in dem sie je nach Belieben Versatzstücke daraus benutzen oder diese passend umformen.
Das Q-Anon-Gerücht z. B. glaubt, daß reiche und prominente Menschen das Blut von Kindern trinken, die unterirdisch gefangengehalten und gefoltert werden. Schon im Mittelalter wurde den Juden neben vielen anderen Gräueltaten unterstellt, daß sie das Blut von Christenkindern trinken.
Die Verschwörungs-Autoren schreiben normalerweise voneinander ab, unabhängig vom Wahrheitsgehalt und ganz ohne Faktencheck. So ist der tatsächliche Ursprung einer Behauptung oder einer Formulierung nicht mehr nachzuvollziehen. Bei den P ist das aber
dank vieler kritische Autoren anders. Die Entstehungsgeschichte der P sieht etwas grob umrissen ungefähr so aus wie das Folgende:

Zum Anfang dieser Geschichte, bzw. zum Anfang der P: Der eigentliche Schöpfer der P war der Pariser Rechtsanwalt Maurice Joly, der 1864 in Belgien ein Buch mit dem Titel “Dialog in der Hölle” herausbrachte, nachdem er in Frankreich keinen Drucker dafür gefunden hatte. Das Buch war unterteilt in 25 satirische Dialoge, in denen sich Montesquieu und Machiavelli einen heftigen fiktiven Streit in der literarischen Tradition der Totengespräche liefern. Zur Erinnerung:
Montesquieu gilt als Vordenker der Aufklärung, als Quasi-Erfinder der Gewaltenteilung. Machiavelli gilt als rücksichtsloser antimoralischer Machtpolitiker ohne Skrupel. Das Buch klagte Kaiser Napoleon III. an, die 1789 erkämpften Bürgerrechte zugunsten einer Despotie wieder abschaffen zu wollen. Während Montesquieu die bürgerlichen Freiheiten und die humanistischen Werte konsequent verteidigte, ließ Joly im Buch für jeden offensichtlich durch den Mund Machiavellis die despotischen und zynischen Halbwahrheiten Napoleons III. verkünden. Wörtlich spricht Machiavelli zu Montesquieu: “Ihr Fehler ist, daß sie das Volk achten. Sie haben keine Ahnung, wie dumm es ist.”
Maurice Joly war damals ein weit über Paris hinaus bekannter Anwalt und wollte mit seinem Buch das französische Volk aufrütteln und vor Napoleon III. und seiner heraufziehenden Diktatur warnen. Er wollte aufzeigen, wie leicht ein Demagoge -heute würde es Populist heißen- die Schwächen der Demokratie zu deren Abschaffung mißbrauchen kann. Natürlich wurde das Buch verboten, Joly mußte eine hohe Geldstrafe zahlen und einige Jahre im Kerker verbringen. Seine Anwaltskarriere war vorbei.

Der deutsche antisemitische Autor Herrmann Goedsche muß dieses Buch gekannt haben. 1868 veröffentlichte er unter seinem Pseudonym Sir John Retcliffe den Roman “Biarritz”, in dem über 160 Stellen direkt aus dem “Dialog in der Hölle” von Joly abgeschrieben sind. Goedsche hatte Zugang zum preußischen Hof und gilt in der Literaturwissenschaft als Anhänger von Bismarck und der Monarchie. Er wählte den Titel seines Romans -Biarritz- nicht zufällig aus. Diese Stadt wurde häufig von Bismarck und eben auch von Napoleon III. besucht. Beide standen für Goedsche im Rang von Helden, die die altehrwürdige Ordnung der Monarchie gegen die Angriffe des Liberalismus und seiner Gleichmacherei verteidigten.
Waren es bei Joly noch zwei sich antagonistisch streitende Kontrahenten, die in einer Satire die Diktatur entlarvten, wurden bei Goedsche 12 jüdische Stammväter daraus, die sich in wesentlichen Fragen einig sind. Er vermischt die fiktiven Aussagen von Montesquieu und Machiavelli, wobei der menschenverachtende Standpunkt von Machiavelli einen größeren Stellenwert als im Original von Joly bekommt. Diese eigentümliche Mischung von politisch nicht zu vereinbarenden Ansichten stellt für sich gesehen einen Interessanten Mechanismus dar. Diese Mischung erlaubte es den Nationalsozialisten, die Juden für den Kapitalismus ebenso verantwortlich zu machen wie für die Oktoberrevolution 1917 in Rußland.
Unter dem Titel “Der bald herannahende Antichrist” wurde 1905 vom Sergej Nilus eine russische Übersetzung der P herausgegeben. Spätere Ausgaben wurden fleißig verändert und
mit verschiedensten Zusätzen ergänzt, die sich an der jeweils aktuellen Tagespoliti orientierten.
So behauptete Nilus, daß sich die P auf einen Vortrag von Theodor Herzl beziehen würden, den dieser auf dem ersten Zionistenkongreß 1897 in Basel gehalten hätte. Die russische Intelligenz war damals liberal eingestellt und forderte demokratische Reformen vom
Zarenhaus. Zuerst wurden die P vom zaristischen Geheimdienst benutzt, um die Unzufriedenheit gegen die angebliche weltweite jüdische Verschwörung zu richten. Nachdem die wahre Herkunft der P aufgedeckt werden konnte, mußten sie in Rußland offiziell verboten werden. Kurz vor und während der Revolution 1917 wurden sie wiederbelebt: obwohl Lenin und Kerenski eigentlich Konkurrenten waren, wurden sie in den P wahlweise als jüdische Agenten oder als 2 der 12 Weisen von Zion eingebaut. Diese
Version wurde vom zaristischen Geheimdienst weltweit verbreitet und wurde sogar in der englischen TIMES und der MORNING POST abgedruckt. 1920 erschienen die P in einer US-Tageszeitung, die dem Großindustriellen Henry Ford gehörte. Ford selbst schrieb ein
Buch mit dem Titel “Der international Jude – Ein Weltproblem”, in dem er die Nilus- Version der P mit den Juden als geheime Drahtzieher hinter der Oktoberrevolution übernahm.
Der rechtsradikale und antisemitische CDU-Bundestagsabgeordnete Martin Hohmann zitierte 1993 zustimmend aus Fords Buch in einer Rede zur sog. Wiedervereinigung. Er meinte, wenn die Deutschen ein “Tätervolk” seien, sind die Juden dann nicht auch ein Tätervolk? Wegen ihrer Drahtzieherschaft 1917 in Rußland?? Heute ist Hohmann ein leidererfolgreicher AFD-Politiker. Nilus mischte die Jesuiten, die Freimaurer, die Illuminaten und andere Orden, Logen und religiösen Kulte in die P mit hinein, die natürlich alle vom Weltjudentum gesteuert würden.
Diese Version der P ist die heute verbreitetste. Sie wird in den USA vom KKK herausgegeben, aber auch von den Black Muslims verbreitet. In fast allen arabischen Ländern werden die P bis heute in Schulen gelehrt und sogar an Universitäten als bewiesene Tatsachen.
In jedem Land wurden oder werden die P in den jeweiligen Vorworten anders interpretiert und an die nationalen Erfordernisse angepaßt: In den USA galten die P als Dokument für
eine britische Verschwörung, in Frankreich als US-britische und in Japan wurde die jüdisch- freimaurerische Verschwörung für die Bedrohung aus China verantwortlich gemacht. Der
deutsche Autor mit dem Pseudonym Jan van Helsing (= Jan Udo Holey) erreichte Anfang/Mitte der 1990er Jahre mit seinen 2 Bänden unter dem Titel “Geheimgesellschaften und ihre Macht im 20. Jahrhundert” mit einer Gesamtauflage von über 150 000 hauptsächlich in Esoterikläden und Nazibuchläden verkauften Exemplaren traurige Berühmtheit. Der Verfassungsschutz bezeichnete ihn als den erfolgreichsten Nationalsozialisten seit 1945. Daß Helmut Kohl in Wahrheit ein Jude sei mit Namen Henoch Kohn und ähnlicher Blödsinn ist dort zu lesen. Natürlich wird der Holocaust ebenso wie die deutsche Schuld am 2. WK geleugnet.. Die Juden hätten Deutschland zuerst angegriffen. Die Juden wären ein Bündnis mit außerirdischen Aliens eingegangen, um in deren Auftrag die Weltherrschaft zu übernehmen. Das viel zu spät erfolgte Verbot der 2 Helsing-Bücher steigerte seine Popularität in der Esoterik-Szene ins Unermeßliche. Die verbotenen Bücher strahlten eine besondere Faszination aus wurden nun sogar in der linken Szene zehntausendfach per Hand kopiert und auch als illegaler Raubdruck neu aufgelegt. Der ursprüngliche Verlag traute sich
was und bewarb die Bücher auf der Frankfurter Buchmesse.
Dies führte zum ersten und bis heute einzigen Polizei-Einsatz gegen einen Verlag währendder Buchmesse, der von beherzten Antifaschisten initiiert wurde.Nach der Aufhebung des Verbots kamen runderneuerte Neuauflagen auf den Markt, bei
denen viele Stellen entschärft wurden oder ganz fehlten.
All das hinderte die in DA gegründete Kiffer-Zeitschrift “GROW!” nicht, ein Interview mitJan van Helsing abzudrucken. Er durfte auf vier Seiten seinen Neonazidreck auskübeln: Hitler hätte angreifen MÜSSEN, nachdem die Juden Deutschland den Krieg erklärt hätten,
usw. Teile der Leserschaft reagierten ziemlich empört, aber die Redaktion stellte sich hinter den Autor und seine Nazi-Propaganda. Ich frage mich, wie bekifft mensch sein muss…

Alle VM beinhalten immer auch eine Aufforderung zur Tat, zur direkten Aktion. Der Vegan- Koch Attila Hildmann posiert in Netzvideos mit Waffen, Reichsbürger ermorden Polizisten
und die Attentäter von Halle und Kassel begründen mit VM ihre Taten.
Ich komme zum Schluß:
Die tatsächliche Gefährlichkeit von VT zeigt ein Vorkommnis aus dem Jahre 1998 in DA. Es geht um die grausame Tötung eines damals 33-jährigen Darmstädters, der auf dem
Luisenplatz einfach nur wie immer seine Mittagspause mit einer Tasse Kaffee verbringen wollte.
Er wurde auf dem Luisenplatz mit mehreren Messer-Stichen getötet. Der Täter war Anhänger von VT und glaubte, in dem Opfer einen Illuminaten zu erkennen. Im Prozeß rechtfertigte er seine Tat mit dem Hinweis auf die van Helsing-Bücher, an deren Wahrheitsgehalt er fest glaubte und daß er mit seiner Tat den 3. Weltkrieg verhindert hätte. Zu seiner Rechtfertigungslektüre gehörte auch das Panokratie-Buch eines Darmstädter Autoren, der einige Jahre als Chefredakteur der Kiffer-Zeitschrift “GROW” (s. o.)
fungierte und als einer deren Gründer gilt.
Ich bedanke mich für eure Aufmerksamkeit.

Unvollständige Literaturliste
“Die Protokolle der Weisen von Zion – Die Grundlage des modernen Antisemitismus” hgg.
von Jeffrey Simmons, 130 Seiten, Wallstein 1998
“Die Protokolle der Weisen von Zion kritisch beleuchtet” von Binjamin Segel, 520 Seiten,
ca ira 2017 (Erstausgabe 1924)
“Das Foucaultsche Pendel” von Umberto Eco, verschiedene Ausgaben (z.Z. bei Ebay für 1
E), gibts auch als Hörbuch (17 Std.)
“Weltverschwörungstheorien -die neue Gefahr von Rechts” von Gugenberger/Schweidlenka,
320 Seiten, Deuticke 1998 (die Autoren stammen aus der Eso-Szene, aber trotzdem
informativ)
“Sekten. Im Bann von Sucht und Macht” von Hugo Stamm, 1994
“Heimliches Wissen-Unheimliche Macht” von El Awadalla, Wien 1997
“Die These von der Verschwörung 1776 bis 1945” von Johannes R. von Bieberstein, 1976
“Entspannt in die Barbarei” von Jutta Ditfurth, 365 Seiten, Konkret Verlag 1996
“Die okkulten Wurzeln des Nationalsozialismus” von Nicholas Goodrick-Clarke, 290
Seiten, Leopold Stocker Verlag(=rechtsradikal) 1997; Goodrick-Clarke veröffentlicht heute
im Nazi-Verlag Marix aus Wiesbaden
“Die Götter des New Age” von Peter Kratz, Elefanten Press 1993.
Günter Mergel vom Darmstädter Institut für Faschismusforschung (DIFFF)

Redebeitrag: Zwischen Verschwörungsmythen und Bürgerlichkeit

Zwischen Verschwörungsmythen und Bürgerlichkeit

Redebeitrag auf der Kundgebung ‘Querdenken entgegentreten’ am 10. Oktober 2020

Obwohl wir gehofft haben, in Zeiten einer Pandemie keine Großveranstaltungenorganisieren zu müssen, um andere und uns zu schützen, lässt uns „Querdenken“ keineandere Wahl, als auf die Straße zu gehen.
Wir sind heute hier, um ein klares Zeichen gegen die antisemitische, rassistische undqueerfeindliche Initiative „Querdenken“ zu setzen und Solidarität mit allen Betroffenen zu zeigen. Wir stehen zusammen und passen aufeinander auf!

WER STECKT EIGENTLICH HINTER „QUERDENKEN“?

Parallel zu den staatlich erlassenen Coronaschutzmaßnahmen Anfang April dieses Jahres,organisierten sich deutschlandweit Gegner*innen der geltenden Regelungen u. a. auf der Plattform „nicht ohne uns“. Angefangen mit Grundgesetz-Verteilaktionen vor demBundestag in Berlin sollte gegen die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie demonstriert werden. Bereits zu dieser Zeit waren personelle Überschneidungen zu den im Jahre 2015 organisierten Montagsmärschen ersichtlich, die später als PEGIDA großes Aufsehen erregten.

In Anlehnung an die ersten Veranstaltungen in Berlin, folgte Mitte April die erste Kundgebung hier auf dem Karolinenplatz in Darmstadt mit ca. 20 Teilnehmenden. Initiiertwurde die Veranstaltung zu Beginn noch von Celia von Hoerschelmann, über die ein äußerst unkritischer Bericht im Darmstädter Echo veröffentlicht wurde. Ab diesem Zeitpunkt antrafen sich wöchentlich Menschen in Darmstadt und demonstrierten gegen die Corona-Maßnahmen. Ab Mai gab es eine Umstrukturierung innerhalb der Darmstädter Orga und es wurde sich der Initiative „Querdenken“ angeschlossen. “Querdenken“ bezeichnet sich explizit nicht als Verein oder Partei, sondern eben als „Initiative“. Als Initiator gilt Michael Ballweg, der in Stuttgart die „Querdenken 711“ gründete. Der Zusatz “615” des Darmstädter Ablegerskommt von der Telefon-Vorwahl Darmstadts (0615). Mittlerweile zählt „Querdenken615“ zu einer der größten Querdenkeninitiativen in Deutschland und bietet ein Sammelbecken für Personen und Gruppen aller Couleur. Das Spektrum der Protestierenden ist sehr heterogen und teils widersprüchlich: Besorgte Bürger*innen mit Regenbogenfahnen und Anhänger*innen der Friedensbewegung stehenneben Reichsbürger*innen und Impfgegner*innen.

WAS WILL QUERDENKEN UND WAS IST PROBLEMATISCH DARAN?

Die Initiative fasst ihre Forderungen auf einer DIN-A4-Seite zusammen: Wo noch zu Beginn der Pandemie gegen die geltenden Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen protestiert wurde, bleibt heute nur noch das Thema „Maskenpflicht“ bestehen, das Dreh- und Angelpunkt der vielen Reden ist. Die Maske schränke die Freiheit ein, die Grundrechteseien beschnitten und zusätzlich mache das Tragen einer Maske krank. In ihrer Argumentation greifen sie dabei immer wieder auf geschichtsrevisionitische Vergleiche zurück: Die staatlichen Einschränkungen und die eingeführte Maskenpflicht gleichen einer Diktatur. Die Tatsache, dass trotz einer gefährlichen Pandemie hunderte Menschen ohne Einhaltung der Corona-Maßnahmen bundesweit demonstrieren dürfen, sollte den
Teilnehmenden die Widersprüchlichkeit ihrer eigenen Argumentation deutlichen machenaber nein.

Doch der Protest richtet sich bereits von Anfang an gegen mehr als nur Corona-Maßnahmen: Die Existenz der Covid-19-Pandemie wird geleugnet oder die Folgen einer Erkrankung verharmlost, stattdessen wird die Pandemie, aber auch Kritik an Verschwörungsmythen als Werkzeug der „Eliten“ bezeichnet.
Etablierten Medien wird großes Misstrauen entgegengebracht, als valide Quellen gelten stattdessen Messengerkanäle wie Telegram und Nachrichtenseiten aus dem verschwörungsideologischen Spektrum. Diese sorgen für die weitere Verbreitung von aktuellen Verschwörungsmythen im Netz. Und eben genau aus diesem Dunstkreis treten immer wieder Redner*innen auf „Querdenken“-Versammlungen auf.

ALUHÜTE, DAVIDSTERNE UND REICHSBÜRGER*INNEN IN DARMSTADT

Viele Redner*innen auf den Querdenken-Demonstrationen beziehen sich in ihrer Argumentation auf unwissenschaftliche Quellen und reproduzieren Verschwörungsideologien. In ihren Reden verwenden sie rechte Rhetoriken sowie Bilder und stützen sich immer wieder auf rassistische, antisemitische und queerfeindliche Ressentiments. Darüber hinaus schrecken weder Organisator*innen noch Teilnehmende vor persönlichen Drohungen und Anfeindungen gegenüber Andersdenkenden und Pressemitarbeitenden zurück.
Bereits seit den ersten kleineren Kundgebungen mit ca 20-30 Personen in Darmstadt, war diese Tendenz zu Verschwörungsideologien erkennbar. Es zeichnete sich deutlich ab, dass es eben nicht nur eine kritische Kundgebung zu den Coronamaßnahmen war, sondern von Anfang an eben auch ein Sammelbecken für rechte und antisemitische Ideologien und ihre Vertreter*innen.

So gab es am 9. Mai gab eine Live-Schaltung mit dem Antisemiten und Verschwörungstheoretiker Ken Jebsen, der ohne jeglichen Widerspruch empfangen wurde.Die bundesweit mobilisierte Großkundgebung auf dem Messplatz am 27. Juni mit ca. 600 Teilnehmende bejubelte auf dem großen Bühnenwagen mit LED-Leinwänden vom Pfungstädter Unternehmen Koke u. a. Nana Domena aka Lifestyler, der auf seinem Blognamens “ Multikulti trifft Nationalismus” gemeinsam mit dem Neonazi Frank Kraemer Faschist*innen eine Plattform bietet.

Neben Pride-Fahnen und diversen Nationalflaggen wurden Teilnehmende mit Aluhüten und angepinnten Davidsternen mit der Aufschrift „ungeimpft“ gesichtet. Außerdem traten offen Reichsbürger*innen auf den Veranstaltungen von „Querdenken615“ auf, die zuvor mit Trachten und Reichsflaggen an der B3 unter dem Motto „Flagge zeigen“ihren Protest zum Ausdruck brachten.
Die Querdenken-Veranstaltungen sind nicht bloß Ausdruck einer Position, sondern ein bewusster Angriff auf Minderheiten. Durch die Nichteinhaltung von Hygienemaßnahmen bzw. eine absichtliche Missachtung derselben, sind diese Veranstaltungen dazu noch äußerst gefährlich und absolut unverantwortlich und Tragen zu einer Steigerung des Infektionsrisikos bei.

WER MIT FASCHIST*INNEN FÜR GRUNDRECHTE DEMONSTRIERT, IST UNGLAUBWÜRDIG

Auch wenn sich einige der Redner*innen von rechten Tendenzen innerhalb ihrer Initiative distanziert haben, treten sie kontinuierlich mit Neonazi-Parteien wie „Der Dritte Weg“ oder der „NPD“, mit Akteur*innen der extrem rechten Gruppe „Identitäre Bewegung“ und weiteren vom Verfassungsschutz beobachteten und äußerst gefährlichen Personen oder Gruppierungen auf.
So mobilisierte auch die Darmstädter Querdenken-Initative im August zur Großdemonstration nach Berlin, bewusst oder unbewusst neben Neonazis, Rechtsextremen und Antisemit*innen – von der NPD über Reichsbürger*innen bis zur AfD.

Es geht uns hier und heute keinesfalls darum, alle Teilnehmer*innen der Veranstaltungen in die rechte Ecke zu stellen. Doch wer kein Problem damit hat, mit den größten Feinden der Demokratie gemeinsam für Grundrechte und das Grundgesetz zu demonstrieren, der macht sich und sein Anliegen völlig unglaubwürdig und dient als Steigbügelhalter der Faschist*innen.
Und eine wahrnehmbare Abgrenzung zu antisemitischen Verschwörungsideolog*innen findet generell nur sehr selten bis gar nicht statt. In der Folge konnten diese die Versammlungen häufig ohne Widerspruch als Bühne für ihre Inhalte nutzen. Das ist absolut inakzeptabel!

Und klar, das Virus verunsichert, die Einschränkungen sind für einzelne Bevölkerungsgruppen hart – auf Ebene des menschlichen Miteinanders, aber für viele Menschen auch finanziell. Wer sehnt sich nicht nach seinem alten Vor-Corona-Leben zurück? Doch das Virus ist Realität und es bleibt eine gesundheitliche Gefahr für alle. Bei aller Unzufriedenheit lässt sich daher von allen Menschen dieses kleine Stück (Selbst-)Reflexion und eine klare Distanzierung erwarten – und zwar nicht nur in kargen Worthülsen! Die nachträgliche Distanzierung von „Querdenken“ kommt zu spät.

Die Corona Pandemie ist leider noch lange nicht vorbei und die erneut steigenden Infektionszahlen in Deutschland machen deutlich, dass die Bekämpfung des Virusweiter unsere volle Aufmerksamkeit verlangt. Wir lassen niemanden alleine und kämpfen gegen Querdenker*innen und gegen alle, die rechte Ideologien vertreten. Wir stehen ein für mehr Solidarität.

 

In diesem Beitrag können wir nicht auf alle Themen eingehen. Hier findet ihr mehrInformationen:
CORRECTIV – Recherchen für die Gesellschaft
Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP)
ARD-faktenfinder
Recherche- & Informationsstelle Antisemitismus RIAS
• u. v. m.

Demo Rede gegen Querdenken am 10.10.2020 – Benedikt Freitag als Jugendvorstand von vielbunt e.V. Darmstadt

– english version below-

Liebe Mitmenschen,

heute stehen wir zusammen, um ein Zeichen für die Demokratie, ein friedliches Miteinander und die Anerkennung wissenschaftlicher Arbeiten zu setzen.

Seit vielen Jahren gehen Menschen mit Regenbogenfahne auf die Straße, um für bestimmte Werte einzustehen: Toleranz, Freiheit, Anerkennung, Respekt, Akzeptanz, Vielfalt, Rechte queerer Menschen!

Als am 30. Juni 2017 in der Tagesschau verkündet wurde, dass der Bundestag die Ehe für alle beschlossen hat, musste ich 2 Stunden vor Freude weinen.Es hat für mich insbesondere bedeutet, dass ich einmal auf legalem Wege in Deutschland Kinder bekommen könnte.
Nun ziehen Menschen mit Regenbogenfahnen über die Straße, die gegen all das stehen und einen bereits jahrzehntelang veralteten Strukturkonservatismus vertreten.

Ein Strukturkonservatismus, der ein rein heterosexuelles und cis-geschlechtliches Familienbild zeichnet, sich vor moderner Medizin verschließt und Medien angreift.

Wir erinnern uns noch gut an die AfD-nahe „Demo für alle“ mit ihrem sogenannten „Bus der Meinungsfreiheit, welche gegen die Ehe für alle mobilisiert hat und Schriftzüge wie „schützt unsere Kinder“ oder „Kindesmissbrauch bekämpfen“ ziert. Die personellen Überschneidungen von „Querdenken“ zur „Demo für alle“ sind groß und nicht zu leugnen. Dieselben Personen, die queere Menschen als pädophil verunglimpft und gegen die staatliche Anerkennung queerer Lebensweisen gekämpft haben, tragen nun Regenbogenfahnen und behaupten, sie seien queerfreundlich. Entschuldigung, aber wir lassen uns nicht für dumm verkaufen!

Heute gehen auch andere Menschen mit Regenbogenfahnen auf die Straße: sie sind Impfgegner*innen, verbreiten Verschwörungstheorien, haben teilweise sogar Reichs- und Preußenflaggen dabei. Sie sagen, die Regenbogenfahne stehe für die freie Meinungsäußerung. Was sie tun ist aber vor allem eins: eine Respektlosigkeit gegenüber allen queeren Aktivist*innen der Gegenwart und Vergangenheit.

Mit dieser Flagge wurde für Gleichberechtigung gekämpft, aber jetzt sieht man sie neben genau den Menschen, mit denen die queere Community wirklich nichts zu tun haben möchte.

Wie oft wurden wir als vielbunt-Menschen gefragt, ob wir gegen Corona-Maßnahmen demonstrieren würden. Bei dem Gedanken, dass man uns wegen der missbräuchlichen Verwendung der Regenbogenfahne mit diesen Leuten verwechseln kann, wird einem fast schlecht!

Zu sehen, dass sich zehntausende Menschen aus der vermeintlich gesellschaftlichen Mitte ohne Gewissensbisse neben Nazis stellen, versetzt mich als queeren Menschen in Angst!

Wer mit Nazis auf die Straße geht und mit ihnen für die gleiche Sache kämpft, muss damit rechnen, mit diesen in Verbindung gebracht zu werden. Es liegt am einzelnen Menschen, sich von bestimmten Dingen abzugrenzen! Sich nicht abzugrenzen, ist auch eine bewusste Entscheidung!

Seit Jahrzehnten gehen Menschen auf die Straße, um für die Rechte queerer Menschen zu kämpfen – das ist ein sehr anstrengender, mühsamer Prozess mit Ergebnissen in kleinsten Schritten. Ich werde nicht schweigend zusehen, wie diese Menschen die Regenbogenfahne missbrauchen, um die hart erkämpften Rechte queerer Menschen mit Füßen zu treten!

Noch ein paar Worte Richtung Querdenken: Masken trage ich nicht, um mich selbst zu schützen, sondern um andere zu schützen. Wer bewusst das Risiko eingeht, andere Menschen mit einer eventuell tödlich ausgehenden Krankheit anzustecken, ist für mich vor allem eins: menschenfeindlich!

English translation of the Speech against „Querdenken“ at 20.10.2020 – Benedikt Freitag, executive of youth vielbunt e.V. (queer community Darmstadt)

Dear fellow human beings,

Today we stand together to set a sign for democracy, a peaceful coexistence and the recognition of scientific work.

For many years people demonstrate on the street with the rainbow flag to stand up for special values: tolerance, freedom, recognition, respect, acceptance, diversity, equality of queer people in front of the law!

When it was announced on 30th of June 2017 in the “Tagesschau” (German news show at TV) that the Bundestag (German parliament) had decided that marriage was for everyone, I had to cry for two hours of joy.
For me it meant in particular that I could one day get children in Germany in a legal way. Now people with rainbow flags are crossing the street, standing against all this and representing a structural conservatism that has been outdated for decades.

A structural conservatism that draws a purely heterosexual and cis-gender family picture, closes itself off from modern medicine and attacks the media.

We still can remember well in the closed to AfD demonstration „Demo für alle“ with their so-called „Bus der Meinungsfreiheit“, which has mobilized against marriage for all and has put forward slogans like „schützt unsere Kinder“ (trld.: save our children) or „Kindesmissbrauch bekämpfen“ (trld.: combating child abuse) decorates. The personnel overlap from “Querdenken” to “Demo für alle” is large and undeniable. The same people who denigrated queer people as pedophiles and fought against the state’s recognition of queer ways of life now carry rainbow flags and claim that they are queer-friendly. Excuse me, but we will not be taken for fools!

Today, other people also take to the streets with rainbow flags: they are anti-vaccination campaigners*, spread conspiracy theories, and some of them even carry Reich and Prussian flags.

They say that the rainbow flag stands for freedom of expression. But what they do is one thing above all: a disrespect for all queer activists of the present and the past. They fought for equality with this flag, but now you see them next to the very people the queer community really wants nothing to do with.

How often were we, as vielbunt-people, asked whether we would demonstrate against corona-measures. The thought that we could be mistaken for these people because of the misuse of the rainbow flag almost makes you sick!

To see tens of thousands of people from the supposedly middle of society standing next to Nazis without any remorse, puts me as a queer person in fear!

Anyone who takes to the streets with Nazis and fights with them for the same cause must expect to be associated with them. It is up to the individual person to set himself apart from certain things! Not to set oneself apart is also a conscious decision!

For decades, people have been taking to the streets to fight for the rights of queer people – it is a very strenuous, laborious process with results in the smallest steps. I will not stand by in silence and watch these people abuse the rainbow flag to trample on the hard-won rights of queer people!

A few words directly to “Querdenken”: I do not wear masks to protect myself, but to protect others. Anyone who consciously takes the risk of infecting other people with a potentially fatal disease is for me one thing above all else: misanthropic!