Remember their Names

Solidarität während Corona

Es ist über zwei Monate her, dass am 19. Februar 2020 aus rassistischen Motiven in Hanau 9 Menschen erschossen wurden. In der Zwischenzeit ist viel passiert: die “Corona-Krise” bestimmt den Alltag in Deutschland, bringt immer wieder die Forderung nach Solidarität auf. Gleichzeitig rückt der rassistische Anschlag in Hanau als gesellschaftliches Thema mehr und mehr in den Hintergrund.

Genauso die Situation an den europäischen Außengrenzen: Vor der Krise hatte die Bundesregierung zugesagt, unbegleitete geflüchtete Jugendliche aus den Geflüchtetencamps in Griechenland zu evakuieren, da schon zu diesem Zeitpunkt die Lage verheerend war. Diese Thematik wurde Wochen lang verschoben, während sich die Situation immer weiter zuspitzte. Nun wurden 50 unbegleitete Geflüchtete aufgenommen. Über 40.000 Geflüchtete leben weiterhin in den Camps, ohne ausreichende sanitäre und medizinische Versorgung, ohne Wasser eingepfercht auf engstem Raum.

Am 7. April 2020 wurde ein 15-jähriger Geflüchteter im niedersächsischen Celle von einem Ende 20-jährigen Deutschen erstochen. Der Täter war Anhänger von rassistischen Verschwörungstheorien.

Drei Tage später wurde die Scheibe der Hanauer Shishabar, dem Tatort des Anschlags, eingeworfen.

Am Jahrestag von Hitlers Geburtstag, dem 20. April, wurde trotz Kontaktverbot eine Kundgebung von der rechtsradikalen Gruppe PEGIDA in der Dresdner Innenstadt zugelassen. Die Kundgebung fand unter dem Motto “80 für 80 Millionen” statt, die Zahl 88 (8 für den achten Buchstaben im Alphabet= H) wird von Rechten und Neonazis als Abkürzung für “Heil Hitler” verwendet. Zuvor wurden bundesweit kreative Aktionen der Seebrücke, die auf die prekäre Lage in den griechischen Camps aufmerksam machen wollte, verboten.

Gestern am 23. April 2020 warnen die Vereinten Nationen vor Hungersnöten “biblischen Ausmaßes” durch Corona.

Die Frage die sich stellt ist: Solidarität – aber mit wem?
Viele, die gerade Solidarität fordern, meinen damit nicht das, was wir unter Solidarität verstehen. Sie fordern mehr Nationalismus. Solidarität gilt dort nur denjenigen aus dem eigenen Land oder anderen Europäer*innen.
Für uns ist klar, Solidarität kann nicht aus Eigennutz erwachsen und muss grenzenlos sein.
Deshalb bedeutet eine solidarische Praxis immer auch eine klare Positionierung gegen Rassismus und Nationalismus.

In Gedenken an die Ermordeten, in unendlicher Trauer und mit rasender Wut halten wir es nicht mehr aus, immer wieder die leeren Worte von Politiker*innen anzuhören. Wir wollen eine wahre Aufarbeitung des rassistischen Terrors in Deutschland. Wir wollen grenzenlose Solidarität, und zwar jetzt! Lasst uns zusammen – als Betroffene, als Antirassist*innen und als Antifaschist*innen – neue Strategien im Kampf gegen rechten Terror und Gewalt, Rassismus und Nationalismus finden!

Kein Vergeben, kein Vergessen! In Solidarität mit den Betroffenen rechter und rassistischer Gewalt!